Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Außer Spesen - nichts gewesen

Förmlich "aus dem Häuschen" waren da einige Zeugen Jehovas, schon zunehmend Ende des Jahres 1953. Besonders "kluge" unter ihnen pflegten ellenlange Vorträge darüber zu halten, welche Bedeutung wohl in der Bibel die Zahl vierzig habe. So habe doch gemäß der Bibel die Sintflut vierzig Tage gedauert. Ferner sollen die Israeliten vierzig Jahre lang in der Wüste umhergeirrt sein, bevor sie das "Heilige Land" erreichten. David soll vierzig Jahre regiert haben. Jona soll den Untergang Ninivis vierzig Tage lang angekündigt haben. Und Jesus gar, soll auch vierzig Tage und Nächte hintereinander gefastet haben. Auch sei er seinen Jüngern nach der Auferstehung noch vierzig Tage lang erschienen. Na also, wenn das mal nicht alles eine "tiefere" Bedeutung hätte.

So las man etwa in dem 1955 erschienenen WTG-Buch "Neue Himmel und eine neue Erde" auch (S. 203):

Während nahezu vierzig Jahren vor dem Jahre 1914 blickten die gesalbten Kinder des himmlischen Zion nach der für damals erwarteten vollen Aufrichtung des Königreiches Gottes aus. Bereits im Jahre 1877 hatte das Buch 'The Three Worlds' (Die drei Welten, engl.); an dessen Herausgabe der erste Redaktor der Zeitschrift 'Der Wachtturm' (engl. Ausgabe) mitwirkte, die Aufmerksamkeit auf dieses Jahr gelenkt. Auf Seite 189 sagte er zum Beispiel: "Und von dem Zeitpunkte an, da die Ernte des jüdischen Zeitalters begann, bis zum Jahre 70 n. Chr. waren es vierzig Jahre, somit dauern diese 2520 Jahre oder die 'Heidenzeiten' vom Jahre 606 v. Chr. bis zum Jahre 1914 n. Chr., d. h. vierzig Jahre über das Jahr 1874 hinaus." (Siehe auch Seite 83, 165). Und in der dritten Ausgabe des Watch Tower (Wachtturm, engl.) vom September 1879 Seite 2, wies der Redaktor auf dasselbe Jahr (1914) hin, indem er schrieb: "Wir glauben, daß das Wort Gottes uns den sicheren Beweis dafür liefert, daß wir nun an diesem 'Tag des Herrn' leben, daß er im Jahre 1873 begann und vierzig Jahre dauern wird."

Zum Leidwesen, dieser "ach so klugen", unterließ es allerdings die WTG in jenen Tagen um 1954, auch mal einen entsprechenden Wachtturmartikel zu veröffentlichen, der die vorgenannte These erneut verkündet hätte. Wäre das doch der Fall gewesen, hätte ihre Euphorie wohl keine Grenzen mehr gekannt. So aber, mussten sie "vorerst" kleinere Brötchen backen.

So geht auch das WTG-Buch "Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" in verklausulierten Wendungen indirekt darauf mit ein. Man liest dort (S. 269)

Weißt du (der fiktive Interessierte Louis in diesem Buch), das "Königreich der Himmel", in dem Jesus Christus als König zur Rechten seines Vaters zur Macht gekommen ist, beendete das vierzigste Jahr seiner Herrschaft inmitten seiner Feinde um die Zeit des 1. Oktober 1954. Inmitten des ersten Weltkrieges, im Jahre 1914, hatte es seine Herrschaft begonnen, und es beendete sein vierzigstes Jahr inmitten des "kalten Krieges", der zwischen dem Ost- und Westblock der Feinde des Königreiches nach dem zweiten Weltkrieg folgte. Jehovas Zeugen, die die Zeiten und Zeitabschnitte in Verbindung mit dem Vorhaben Gottes gut kennen, traten in das vierzigste Jahr des Königreiches ein, ohne in die schrecklichen Voraussagen mit einzustimmen, die einige Religionisten hinsichtlich des Jahres 1954 auf Grund ihrer Ideen über parallellaufende Zeitabschnitte der Geschichtsereignisse machten.

Das ausbleiben entsprechender "Wahrheit" vom Brooklyner Kanal hinderte die danach Süchtigen indes nicht, weiter "felsenfest" ihren Wunschthesen anzuhängen. Sie studierten die Weltlage azfmerksam, um in allen unerfreulichen Zeiterscheinungen eine "Bestätigung" dafür zu finden. Man vergleiche mal als Zeitzeugenbericht den des Helmut Senger, mit seiner Aussage:

Die damalige politische Allianz De Gaulle - de Gasperi - Adenauer unter "Rom" waren die Wiederherstellung der Macht "Babylons". Auch sollten "drei unreine Geister" wie Frösche ausgehen und quaken. Das sind die, welche viel über Verständigung und Frieden reden mit dem Stockholmer Appell zur Achtung der Atomwaffen. Und Politik, Kapital und Religion sind die Pfeiler, auf die sich das Gebäude der UN stützt, worin auch Rußland sitzt. Ein Pfeiler, die Religion, wird in Kürze stürzen und damit kommt Harmagedon, das Weltende. Das kommt ganz unmittelbar. Das ist ganz nahe. Man hatte da gleich an einen neuen Weltkrieg gedacht, weil das doch praktisch vor sich gehen muß, wie sollte sonst der

Weltuntergang praktisch kommen. Rußland würde den religiösen Pfeiler stürzen, damit es losgeht. http://www.manfred-gebhard.de/Senger.htm

Das alles habe auch ich noch als Kind miterlebt. Man vergleiche im Zusammenhang damit stehend auch:

http://www.manfred-gebhard.de/AdamRutherford.htm

Dann war es da, auf einmal, das Jahr 1954. Man tröstete sich, es wird wohl erst um den Monat Oktober soweit sein. Wäre es indes schon früher - auch nicht schlecht. Am Jahresende 1954 ging die WTG dann auf die Zahl vierzig ein. Allerdings nicht so, wie es einige gehofft hatten. Im Wachtturm vom 15. 12. 1954 S. 743 las man:

"Bereits sind vierzig Jahre dieser Generation, die dazu verurteilt ist, den Zorn des Tages Jehovas zu spüren, vergangen. Nur noch wenige Jahre verbleiben …"

Es hätte eigentlich wie eine kalte Dusche wirken müssen, und war auch so konzipiert, dass ausgerechnet Anfang des Jahres 1954, die WTG in einem Artikel auf diese Erwartungen indirekt einging. Bestätigt hat die WTG das Wunschdenken damals nicht. Aber wer sich so in Euphorie verrennt, der nimmt das vielleicht gar nicht einmal wahr. So war es auch 1954. Keiner jener, die da besonders vorgenannte Thesen verbreiteten, ist danach zur Besinnung gekommen. Alle sind weiter im althergebrachten WTG-Trott weitermarschiert.

Konnte der WTG besseres wiederfahren? Wohl kaum. Ihr Fußvolk läßt sie weiter hoffen und harren. Und ihre Manager sind sich schon längst darüber im klaren, dass alles eine Fata Morgana ist und weiter bleiben wird. Aber da ihr Fußvolk weiter nach der Fata Morgana japst, verzichten sie auch nicht darauf, scheinbar diesen Wünschen nachzukommen.

Man kann da wohl nur sagen: Einige w o l l e n belogen werden. Und sie können sicher sein: Sie w e r d e n belogen! Das ist wohl das einzigste, was an der gesamten WTG-Ideologie zutreffend ist.

In der Ausgabe vom 1. Januar 1954 des "Wachtturms" machte die WTG einmal einige geschichtliche Ausführungen, die verdeutlichen, dass ihr der Geschichtsverlauf sehr wohl bekannt ist. Man las in diesem Artikel:

Einige haben zum Beispiel die unruhevollen Zeiten vom Jahre 66-70 n. Chr. als Zeichen des nahenden Endes angesehen und so gedeutet. Nach der Zerstörung Jerusalems sollte Christus bestimmt erscheinen. Aber die Fehde zwischen Juden und Römern bildete nicht das Zeichen der Gegenwart Jesu, noch waren es die Hungersnöte und Seuchen, die nachfolgten.

Die frühen Erwartungen der Wiederkehr Christi während des zweiten, dritten und vierten Jahrhunderts erwiesen sich als falscher Alarm. Der sogenannte Brief des Barnabas gemäß dem Didache (einem christlichen Handbuch des zweiten Jahrhunderts) vertritt die Ansicht, "die letzten Tage seinen herbeigekommen, da die gegenwärtige Welt zusammen mit dem Bösen durch den wiederkehrenden Herrn vernichtet werde." Fast 6000 Jahre - so dachte man - seien seit der Erschaffung vergangen. … Der siebente Tag von 1000 Jahren werde nun mit dem Zweiten Advent beginnen. Irenäus unterstützt Barnabas und "setzt das Ende der Welt und die Rückkehr Christi auf 6000 Jahre nach der Erschaffung an." Lactantius stimmt mit ihnen überein und glaubt, daß "die gegenwärtige Welt höchstens weitere 200 Jahre bestehen könne und das Ende täglich zu erwarten sei." Tertullian sagt den Niedergang des Römischen Reiches voraus, das Emporkommen des Antichristen und dachte, er selbst lebe in der "letzten Zeit". Hippolytus bestimmte den Tag für die Wiederkehr Christi auf 500 Jahre nach der Geburt Christi. Und es gab noch eine Menge anderer, Commodianus, Methodius von Olympus in Lyzien, Victorinus von Pettau und den ägyptischen Bischof Nepos, die alle wilde Voraussagen über Christi Wiederkehr machten.

Damit nun niemand auf den Gedanken kommen könne, die WTG habe diesen Thesen nunmehr "abgeschworen", geht es weiter mit dem Satz:

Wie nach diesen falschen Alarmblasen und ohne Zweifel nach dem Plan des Teufels zu erwarten war, wurde die Lehre von der Wiederkehr Christi sehr unpopulär. Die Leute betrachteten irgend jemandem, der es wagte, die Lehre zu erwähnen, spöttisch und mit Zweifel. Das Buch der Offenbarung wurde verworfen und das Werk des Ketzers Cerinth genannt. Neue Theorien wurden eingeführt und popularisiert. Origenes argumentierte gegen ein buchstäbliches Erscheinen Christi. Er lehrte, daß die Wiederkehr Christi sich durch die Macht des Evangeliums verwirkliche, daß die Welt nicht vernichtet, sondern durch das Predigen des Christentums umgewandelt werde.

Eine weitere Theorie, die eine Zeitlang populär blieb, wurde dargelegt durch Donatist Tychonius, der in seinem Kommentar über die Offenbarung erklärt, daß Christus nicht kommen werde, bis die Donatisten-Kirche in der Welt festen Fuß gefaßt habe und stark genug sei, dem Heidentum und der falschen Religion des Katholizismus zu widerstehen.

Augustinus von der Katholischen Kirche verabschiedete die ganze Idee, Christus werde noch kommen, indem er sagte, das Königreich sei beim ersten Kommen Christi aufgerichtet worden, Christus habe bei seinem ersten Kommen Satan, den Teufel gebunden und habe damals zu herrschen begonnen. Augustinus behauptete, das Kommen Christi gehe in seiner Kirche fortgesetzt vor sich, "das heißt in seinen Gliedern, in denen er nach und nach und Stück um Stück komme, da die ganze Kirche sein Leib ist". Augustinus glaubte ferner, die Milleniumsherschaft Christi werde um das Jahr 1000 enden, und um jene Zeit könne endgültig Christus als Richter erwartet werden.

Als sich das Jahr 1000 näherte, begannen viele Religiösgesinnte zu denken, das Gericht und feurige Ende der Welt werde in diesem Jahre eintreten. Die Erregung verbreitete sich weithin durch Westeuropa, weil man befürchtete, daß der "Tag der Rache" Gottes herbeigekommen sei. Als die Welt in jenem Jahre nicht verbrannte, dachten die Religionisten, dies sei der Beweis, daß die tausend Jahre der Offenbarung 20:2 keine buchstäbliche, sondern eine unbestimmte Zeitspanne sei und daß die Katholische Kirche, die die sogenannte "Mutter"-Kirche war, darin bereits regiere.

Nach der Zeit des Augustinus wurden die Angriffshandlungen der Sarazenen, die Kreuzzüge, das Emporkommen der Mönchsorden während des 13. Jahrhunderts, ferner die Wirren der Welt im 14. Jahrhundert alle falsch gedeutet als "Zeichen", die die bevorstehende Rückkehr Christi voraussagten. Joachim von Floris fand heraus, daß die 1260 Tage, die in Offenbarung 12:6 erwähnt werden, mit dem Jahre 1260 n. Chr. in Verbindung stehen könnten, mit der Zeit, da Christus wiederkomme. Milicz von Kromeriz, ein Vorläufer von Johannes Hus, blickte zwischen den Jahren 1365 und 1367 nach dem Kommen Christi aus. Wiklif wies auf die Macht des Papsttums hin und hob hervor, daß die Zeit der Wiederkunft herbeigekommen sei. Johann Napier sagte das kommende Ende des Bösen und die Wiederkehr Christi für die Zeit zwischen den Jahren 1688 und 1700 voraus. William Whiston wählte zuerst das Jahr 1715, dann 1734 und später das Jahr 1866 als das Jahr für die Einführung des Milleniums.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts eilte Christoph Hoffmann von Deutschland nach Jerusalem mit dem Plan, den Tempel als Vorbereitung auf die baldige Wiederkehr Christi aufzubauen. William Miller sagte voraus, daß Christus während des Jahres 1843 erscheinen werde, doch später verschob er den Tag auf den 22. Oktober 1844.

Weiter zur Neuzeit übergehend ist es bemerkenswert, dass der WT, die eigenen Datenspekulationen; etwa für 1914, 1918 und 1925, nicht für erwähnenswert hält. Statt dessen weist er auch auf eine verhältnismäßig unbekannte adventistische Splittergruppe hin, die da auch für diese Zeit eine Datenspekulation tätigte. Getreu der auch von der WTG praktizierten Devise. Der Dieb ruft: Haltet den Dieb!

Das liest sich dann im WT so:

Mit Kommen des 20. Jahrhunderts gab es einen neuen Pfeilregen von Alarmgerüchten. "Rüstet euch auf den Tod! Seid zu jeder Stunde bereit! Das Ende der Welt ist herbeigekommen!", so hieß es auf Plakaten während eines Adventisten-Kongresses in Paris am 20. August 1927. Die Adventisten glaubten, daß die Rückkehr Christi die Verbrennung der Erde bedeute. Die Gerechten sollten errettet werden, indem sie in den Himmel kämen. Schon vorher, als der Erste Weltkrieg einen Höhepunkt erreichte, wurde ein Manifest von einer Anzahl der hervorragendsten Geistlichen Englands herausgegeben. In diesem Manifest hieß es unter anderem, "daß die gegenwärtige Krise auf das Ende der Zeiten der Heiden hindeutet. Zweitens - daß die Offenbarung des Herrn in irgendeinem Augenblick erwartet werden kann, wenn er sich seinen Jüngern am Abend seiner Auferstehung offenbar. Drittens - daß die vollendete Kirche verwandelt werden wird, um für 'immer bei dem Herrn' zu sein". Dieses Manifest wurde unterzeichnet von führenden Geistlichen der Baptisten, Kongregationalisten, Presbyteranern, Episkopalisten und Methodisten.

1954er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

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