Erwachet!

Ab 1947 erschien in Deutsch zunächst in der Schweiz und ab 1953 auch in Deutschland, die Zeugen Jehovas-Zeitschrift „Erwachet!" Sie war das Nachfolgeorgan der Schweizer Zeitschrift „Trost" bzw. davor des „Goldenen Zeitalters", dass sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland verlegt wurde. Weshalb diese Änderung von „Trost" in „Erwachet!"?

Ein Blick ins Impressum schon der ersten Ausgabe macht den Hintergrund deutlich. Hatte sich „Trost" auf die Zeugen Jehovas-Thematik beschränkt, angereichert mit einigen naturwissenschaftlichen Beiträgen, so ist der entscheidende Unterschied darin zu sehen, dass „Erwachet!" jetzt bewusst politische Themen mit in sein Repertoire aufnahm. Symptomatisch dafür der Satz: „Nachrichtenquellen ... dürfen nicht von Zensur und von selbstsüchtigen Interessen eingeengt sein. ... Die Zeitschrift 'Erwachet!' bedient sich der üblichen Pressemeldungen, ist aber nicht davon abhängig. Sie hat in allen Erdteilen, in Dutzenden von Ländern ihre eigenen Korrespondenten, deren unzensierte, an Ort und Stelle abgefassten Berichte ... von allen Ecken der Welt aus übermittelt werden."

Mit anderen Worten: Ohne Rücksicht auf örtliche politische Empfindlichkeiten, organisierten die Zeugen Jehovas ein eigenes umfangreiches Korrespondentennetz, dass in der Zentralredaktion, und die saß in den USA, ausgewertet und verwertet wurde.

Nun gab es zu dieser Zeit Staaten, beispielsweise die Ostzone Deutschland, die solche unzensierten Nachrichten, schlechtweg in die Rubrik „Spionage" einordneten. Ob zu Recht oder Unrecht, dass sei jetzt einmal dahingestellt. Damit wird deutlich, dass die Zeugen Jehovas sich auf der Führungsebene auf eine Nachrichtendienstliche Ebene einließen. Und zwischen Nachrichtendiensten und staatlichen Geheimdiensten, die sich oftmals auch nur als „Nachrichtendienst" bezeichnen (man lasse sich mal die deutsche Bezeichnung „Bundesnachrichtendienst" diesbezüglich auf „der Zunge zergehen"), besteht in der Praxis kein großer Unterschied.

Mögen die Zeugen Jehovas auch nicht alle Komponenten klassischer Geheimdienste abgedeckt haben; so leisteten sie jedoch für die US-amerikanischen Dienste ganz offensichtlich wertvolle Zubringerdienste. Des einen Freud - des anderen Leid. Was die US-Dienste erfreute, brachte die Dienste der Ostblockstaaten in allergrößte Wutaufwallungen

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1947er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte