Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Koryphäe Boris Toedtli

Er war mit einer der bestgehassten Gegner der Zeugen Jehovas, Mitte der 30-er Jahre in der Schweiz. War er es doch, der die dortigen WTG-Chargen vor Gericht zog und in 2ter Instanz auch ihre Verurteilung wegen vorgeblicher "Herabwürdigung der Religion" erreichen konnte. Wäre sein Hintergrund nicht ruchbar geworden, hätte sogar die Möglichkeit bestanden, auch in der Schweiz weitergehende Maßnahmen gegen sie, nach deutschem Vorbild durchzusetzen. Dies ist keine leere Vermutung. Tatsächlich gelang es den daran interessierten Kreisen in den Schweizerischen Kantonen Luzern und Zug, zeitweilige Verbote gegen die Zeugen Jehovas durchzusetzen, nachdem der Toedtli-Clan ihnen die entsprechende Vorlage geliefert hatte. Allerdings hatten diese Verbote nach Anrufung des Schweizerischen Bundesgerichtes, keinen Bestand.

Pech auch für die katholische Kirche, dass Demokraten sich diesen Toedtli mal etwas näher ansahen. Die sozialdemokratische Zeitung "Berner Tagwacht" veröffentlichte in den Ausgaben vom 23.-25. 9. 1937 umfängliches Dokumentenmaterial zum Hintergrund des Toedtli. Eigentlich nicht verwunderlich, dass eine Replik dieser Bestandsaufnahme dann auch im "Trost" ihren Niederschlag fand. In der "Trost-Ausgabe vom 15. 2. 1938 konnte man über ihn beispielsweise lesen:

"Boris Toedtli ist in der Schweiz erstmals an die Öffentlichkeit getreten als Redaktor der von der 'Vereinigung für Kirche und Papst' in St. Gallen seit 1936 herausgegebenen 'Schweizer Pressekorrespondenz' (SPK), wofür er mit H. Metzler, St. Gallen, als verantwortlich zeichnete. Diese sogenannte Pressekorrespondenz ist allgemein bekannt als eine tendenziöse Hetzschrift gegen Jehovas Zeugen und deren Verkündigung vom Reiche Gottes.

Boris Toedtli war zugleich Vertreter und Agent des vom Naziagenten Fleischhauer geleiteten antisemitischen 'Weltdienst' in Erfurt und somit auch Agent des deutschen Propagandaministeriums unter Göbbels und des Büros der Auslandspolitik unter Alfred Rosenberg.

Toedtli war ferner Leiter des Spionagebüros v. Potters in Bern, Mitglied der 'Nationalen Front' und stellvertretender Führer des Verbandes der 'Allrussischen Faschisten' mit Hauptsitz in Charbin, Mandschurei. …

Die 'Gesellschaft für Kirche und Papst' in St. Gallen bemüht sich nun, sich von Toedtli etwas mehr zu distanzieren, nachdem er als ihr Gewährsmann und Werkzeug von der Bundesanwaltschaft in Bern als Agent und Spion des Auslandes entlarvt wurde, jedoch seinen Prozess gegen Jehovas Zeugen noch rechtzeitig zugunsten seiner Auftraggeber durch Fürsprech (Rechtsanwalt) Ruef in Bern zum Abschluss bringen konnte. …

Boris Toedtli hatte gegen die Ernsten Bibelforscher in Bern Strafklage wegen 'Herabwürdigung der Religion' eingereicht und suchte verständlicherweise dafür die Unterstützung katholischer Kreise. Er gründete im Sommer 1936 die SPK und gab auf den 1. August 1936 die erste Nummer heraus. Um dem Unternehmen jene Richtung zu geben, die mit dem Ziele und Zwecke der Gesellschaft für Kirche und Papst übereinstimmt, wurde auf Grund ihrer finanziellen Beteiligung die Gesellschaft für Kirche und Papst die Eigentümerin der SPK (Schweizerische Pressekorrespondenz). Boris Toedtli sollte seine Kenntnisse aus Sowjetrussland, wo er als Auslandsschweizer aufgewachsen ist, und auch seine Kenntnisse der russischen Sprache für die Bearbeitung der antikommunistischen Propaganda weiterhin zur Verfügung stellen. Zudem war vorgesehen, dass er, solange Mitredaktor der SPK bleiben soll, bis zur Erledigung seines Strafprozesses, den er am 28. Mai 1937 vor dem Berner Obergericht als Appellationsinstanz gewann unter Buße und Kostenfolge für die beklagten Beamten der Bibelforschergesellschaft. Dann schied Toedtli am 1. Juni 1937 aus der Redaktion der SPK aus.

Sein Prozess und das Urteil des Berner Obergerichtes sind ein ganz wertvolles Präjudiz für spätere Klagen gegen die Bibelforscher. Auch ist im Zusammenhang mit dem Prozess, dessen Ausgang durch die Presse genügend bekanntgemacht werden konnte, die Bibelforscherfrage in den Mittelpunkt des Interesses gerückt worden, was einem merklichen Fortschritte im Kampf gegen diese Gesellschaft gleichkommt. Eine zuständige katholische Instanz hatte auch am Ausgang des Prozesses regen Anteil genommen und auf ihre Weise das Resultat weiten Kreisen vermittelt. 'In diesem Sinne haben wir die Anstrengungen von Boris Toedtli kräftig unterstützt und damit konnte der Sache mehr gedient werden als mit Protesterklärungen.'"

Nachdem nun das Urteil von "Trost" über diesen Toedtli zitiert wurde, mag noch eine Gegenstimme zu Wort kommen.

Meiner persönlichen Meinung nach, war dieser Toedtli eher der Rubrik "geistiger Tiefflieger" zuzuordnen. Sein eigentlicher Hass galt doch der Sowjetunion; was wiederum nichts Ungewöhnliches in dieser Zeit; aber wohl nicht "nur" in dieser Zeit war. Gemäß der nazistischen Milchmädchenlogik wonach "Jude und Sowjet" "austauschbare" Begriffe wären (auch austauschbar mit dem Begriff Bibelforscher); und über seine Kontakte zu dem antisemitischen "Weltdienst" des Herrn Fleischhauer aus Nazideutschland, rutschte er tiefer in dieses Milijiöh hinein. Ob er ohne diese Kontakte jemals das Jonak'sche Zeugen Jehovas-Buch gelesen, bleibt mehr als fraglich.

Toedtli war doch auf der Suche nach einer neuen, tragfähigen, wirtschaftlichen Grundlage. Er erhoffte sich diese, durch sein Engagement für den faschistischen "Weltdienst" in der Schweiz. Sein Kalkül ging zwar nicht auf, aber das darf man durchaus als seine Motivation ansprechen.

Das die deutschen Nazis in der Schweiz nicht unbedingt die "bestgelittensten" waren, dürfte wohl mit der Zeit auch ihm gedämmert haben. Dafür spricht auch, dass er sich katholische Kontakte aufbaute. Und da war wiederum das Zeugen Jehovas-Thema dasjenige, dass ihm selbst Kontakte zum päpstlichen Nuntius in der Schweiz verschaffte. Das war doch schon was (in seiner Sicht). Indem er nun Jonak als "Sachkompetenz" an der Hand hatte, glaubte er nun mit dem spektakulären Prozess gegen die Zeugen Jehovas, wegen Herabwürdigung der Religion, einen wesentlichen Schritt voran zu kommen.

War Toedtli überhaupt in der Lage, die WTG-Literatur eigenständig auszuwerten? Letzteres stelle ich mehr als in Frage. In meiner Sicht konnte er dabei nur die Rolle einer Marionette wahrnehmen. Wenn also formell Toedtli vor Gericht klagte, war der eigentliche Kläger, der auch das argumentative Gerüst dafür lieferte, eben Jonak. Der aber war Österreichischer Staatsbürger, der nach eigener Aussage, als ehemaliger Regierungsrat, nicht direkt in der Öffentlichenkeit der Schweiz agieren konnte.

Günther Pape zitiert in seinem Buch "Die Wahrheit über die Zeugen Jehovas" auch aus den Urteilssätzen des Toedtli-Verfahrens. Ich halte Pape vor, bewusst zu verschleiern, was es mit diesem Toedtli so auf sich hat. Nach Pape war das ein "harmloser Katholik". Dieser Meinung schließe ich mich nun wirklich nicht an. Aber macht man sich die These zu eigen, Jonak sei der eigentliche Strippenzieher im Toedtli-Verfahren, gewinnt das ganze schon ein anderes Gesicht. Pape nennt auch einige der eingeklagten WTG Bildquellen, ohne sie in genanntem Zusammenhang zu reprodzieren. Das mag daher an dieser Stelle geschehe. Wenn Pape eine Bildquelle nennt, dann füge ich sie also meinerseits hier hinzu.

Nachstehend das was Pape zum Toedtli-Verfahren notierte:

"In erster Instanz verlor er (Toedtli) den Prozeß. Darauf ging er in die Berufung.

Am 28. Mai 1937 kam es zur Verhandlung. Angeklagt waren als Vertreter der Wachtturm-Gesellschaft Martin Harbeck, Geschäftsführer der Gesellschaft in Bern, und Franz Zürcher, welche für die Verbreitung der Wachtturm-Literatur in der Schweiz verantwortlich zeichneten.

Die Anklage lautete: "Herabwürdigung der Religion und Widerhandlung gegen Art. 14 des Gesetzes über das Lichtspielwesen und Maßnahmen gegen die Schundliteratur vom 10. 9. 1916 der Schweiz".

In der Urteilsbegründung wird u. a. ausgeführt:

"Dagegen wird die Religion der christlichen Kirchen ganz abscheulich besudelt und verspottet durch die Bilder

'Zahl des Tieres' (in ,Licht', Bd. 1, S. 132);

Erschlaget die Teufelsanbeter' (in 'Rechtfertigung', Bd. 3, S. 89);

 Die Plage" (in ,Jehova', S. 73)

und Gefängniswärter geben den Rat, Bücher zu verbrennen' (in Broschüre ,Seine Werke', S. 41).

Auf dem Bilde ,Zahl des Tieres' schreitet ein Bischof mit blutbeflecktem Gewand, das Kruzifix bis zum Geschlechtsteil herabgehängt, mit einem Geschäftsmann und einem Staatsmann über nackte Menschenleichen und Skelette, den

Teufel mit einem Heiligenschein im Rücken.

Das Bild 'Erschlagt die Teufelsanbeter' dient der Verspottung des Dogmas der heiligen Dreieinigkeit und bezichtigt die christlichen Kirchen des Götzendienstes.

Unter der Bezeichnung ,Die Plage' ist unter anderem ein katholischer Priester karikiert, wie er mit entblößtem Oberkörper und halbnackten Beinen von einem Barbier entlaust wird und zwischen den Fingern selbst eine Laus zerquetscht.

Auf der Karikatur 'Gefängniswärter geben den Rat, Bücher zu verbrennen' wirft ein Bischof, das Kruzifix auf der Höhe des Geschlechtsteils, ein Buch ins Feuer und hebt mit der anderen Hand sein Gewand hoch, so daß die von ihm getragenen Damenhalbschuhe mit hohen Absätzen und die mit Spitzen besetzte Damenhose zum Vorschein kommen. Was ein derartiges widerliches Spottbild mit sachlicher Kritik der christlichen Lehre zu tun haben soll, ist unerfindlich."

(Seite 7 der Urteilsbegründung)

Das Urteil lautete:

"Aus diesen Gründen wird in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

erkannt: Martin Christian Harbeck und Franz Zürcher, beide vorgenannt, werden schuldig erklärt der Herabwürdigung der Religion, fortgesetzt begangen in den letzten Jahren im Kanton Bern, und sie werden in Anwendung von Art. 94 StGB., Art. 260, 263, 325 StrV. verurteilt: . . ."

(S. 9/10 der Urteilsbegründung und Urteil)

Sie mußten eine Geldbuße von je SFr. 100 und die Kosten zahlen. Das Gericht hatte ihnen mildernde Umstände zugebilligt, weil sie in gutem Glauben gehandelt hatten. An sich wäre wegen der Schwere des Falles eine Gefängnisstrafe gerechtfertigt gewesen (Seite 9).

Die Wachtturm-Führer ließen sich jedoch durch diese Urteile nicht beeindrucken. Sie kamen nicht zur Vernunft. Im gleichen Jahr 1937 veröffentlichte die Wachtturm-Gesellschaft ein neues Buch "Feinde". Dieses Mal klagte meines Wissens niemand gegen die Gesellschaft. Dieses Buch war der Gipfel der Schmähung und Verächtlichmachung von Kirche und Staat. Auch in diesem Buch finden sich farbige Abbildungen, u. a. zwischen S. 192 und 193 ein doppelseitiges Bild mit der Unterschrift "Der Kampf der Religionisten gegen den Herrn". Eine giftgrüne Schlange auf einem Ochsenjoch, hat in dieses Joch einen Politiker und einen Finanzmann eingespannt. Der Kopf der Schlange ist als Menschenkopf dargestellt, aus dessen Munde eine giftige Schlangenzunge züngelt. Auf dem Kopf trägt sie die Tiara des Papstes. Zu Füßen dieser Gruppe liegt ein Menschenschädel und über allem thront der Teufel. Auf der Rückseite dieses Bildes ist die schon einmal erwähnte obszöne Hure mit Tiara abgebildet, zu deren Füßen die Bibel im Schmutz liegt. Außerdem hat dieses Buch noch einige abscheuliche Karikaturen ähnlichen Inhalts.

 

Doch diesmal tobt sich der "Jehova-Diener" Rutherford nicht nur im Bild aus, sondern feiert auch mit Worten Haßorgien.' Seite 5 des Buches zeigt in großen Lettern die Worte: "Gott dem Höchsten gewidmet", darunter ist 2. Samuel 22, 3-4 zitiert. Es folgt in den ersten Kapiteln die übliche psychologische Einleitung über den heute schlechten, ausweglosen Zustand der Welt. Der angebliche Nachweis, daß dieser Zustand der Welt seit dem Sündenfall bis in unsere Zeit unverändert ausweglos war, daß daraus folge, die Religionisten stünden unter des Teufels Einfluß und hätten auch Christus hingerichtet, wird mit vielen aus dem Zusammenhang gerissenen Bibeltexten untermauert."

(Redaktionelle Einfügung. M. G. In der mir vorliegenden deutschen Ausgabe von "Feinde" (Bern 1937) sind die genannten Farbbilder nicht mit enthalten. Wohl aber in dem englischsprachigem Original, nachdem sie hier wieder gegeben werden.)

Wohl auch für die Schweiz gilt dann der vielfach bestätigte Erfahrungswert:

Vor Gericht und auf hoher See, seien vielerlei Überraschungen möglich.

Der Vollständigkeit halber sei auch noch aus einem Pressebericht über das Erstinstanzliche Urteil in der Sache zitiert.

Die sozialdemokratische "Berner Tagwacht" berichtete in ihrer Ausgabe vom vom 28. 8. 1936 über das Erstinstanzliche Urteil. Der gerichtliche Verhandlungstrag war der 26. 8. 1936.

Die "Berner Tagwacht" notierte unter anderem:

"Warum aber der Name Fleischhauer in der Überschrift? Man bedenke: "Herr Boris Tödtli, Gewerbestraße 31 in Bern bekannt als notorischer Naziagent, Weißrusse, hat am 1. August 1936 die erste Nummer seines neuen Pressedienstes, den "Weltdienst", herausgegeben, der das Organ des Zweiges Schweiz der antisemitischen Weltzentrale des Herrn Fleischhauers in Erfurt ist. Herr Tödtli war übrigens während des Zionistenkongresses in Bern ständig in allernächster Nähe und Gesellschaft von Herrn Fleischhauer zu beobachten. Versteht man nun? Herr Tödtli hatte als Privatkläger die genannten Herren Harbeck und Zürcher beschuldigt, mit ihren Publikationen "Schundliteratur" vertrieben zu haben und noch zu vertreiben."

bekannt als notorischer Naziagent, Weißrusse, hat am 1. August 1936 die erste Nummer seines neuen Pressedienstes, den "Weltdienst", herausgegeben, der das Organ des Zweiges Schweiz der antisemitischen Weltzentrale des Herrn Fleischhauers in Erfurt ist. Herr Tödtli war übrigens während des Zionistenkongresses in Bern ständig in allernächster Nähe und Gesellschaft von Herrn Fleischhauer zu beobachten. Versteht man nun? Herr Tödtli hatte als Privatkläger die genannten Herren Harbeck und Zürcher beschuldigt, mit ihren Publikationen "Schundliteratur" vertrieben zu haben und noch zu vertreiben."

Über Toedtli wird bezüglich des Verfahrensablaufes dann noch süffisant notiert, dass er an ihm gerichtete Fragen schriftlich zugestellt bekam

da "er in der russischen Revolution sein Gehör verloren habe", was ihn sonderbarerweise aber nicht hinderte, bei den Ausführungen des Gegenverteidigers aufmerksam hinzuhorchen und sich von Zeit zu Zeit Notizen und Bemerkungen zu machen, während er sich in der übrigen Zeit, wo er nichts hören konnte, mit Abzeichnungen vom Gerichtssekretär und verschiedensten Phantasie-Symbolen die Zeit vertrieb."

Der Anwalt des Toedtli nahm dann eine äußerst langatmige kommentierende Vorstellung inkriminierter WTG-Bilder vor.

Dazu die "Berner Tagwacht": "bis ihn die etwas ironische Frage des Beklagten Harbeck, ob er nicht lieber einen Katalog vorlesen solle, veranlaßte, etwas summarischer vorzugehen und in unendlichen Variationen und unzähligen Satzwiederholungen das auszuführen, was sich in folgender Formulierung ausdrücken läßt:

"Wir achten die religiöse Überzeugung der Bibelforscher, die wir nicht angreifen; es handelt sich nur darum, ob nicht die beanstandeten Zitate und Bilder unter den Artikel über die Schundliteratur fallen, da sie geeignet seien, die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit zu gefährden und bestehende staatlich anerkannte Kirchen herabzuwürdigen."

"Ich behaupte, sie sind geeignet..." hörte man nach jedem Zitat, nach jeder Bilderläuterung, aber nie hörte das aufmerksame Publikum auch nur den kleinsten Beweis, daß sich wirklich jemand über die beanstandeten Dinge empört hätte und daß sie den Religionsfrieden in irgendeiner Weise wirklich einmal gestört hätten, was allein den Tatbestand der Artikel 94 oder 14 erfüllt hätte."

Seitens des Verteidigers Brunschvig, der für die angeklagten WTG-Funktionäre agierte gab es auch den Hinweis:

"Die Bibelforscher und ihre heute angeklagten Vertreter seien "Pestboten asiatischen Mammons"? Absurd ist es, die Bibelforscher mit den Kommunisten zu identifizieren, denn die Bibelforscher lehnen jede Gewaltanwendung ab."

Nicht erwähnt im Bericht der "Berner Tagwacht" ist, dass die "flotte" Formulierung "asiatischer Pestboten" die eigenständige Formulierung eines Nazipfarrers aus Hitlerdeutschland war. Niemand anders als besagter Herr Karl Gerecke hat diese Vokabel zuerst auf den Ententeich gesetzt, und wie man sieht, bis in jenes Schweizer Verfahren schwappte sie über. Was Gerecke anbelangt, ziehe ich es desweiteren vor, ihn als den nahezu typischen Typ des "Kanonenpastors" zu titulieren. Kanonenpastor Gerecke (im ersten Weltkrieg ein solcher) konnte sich auch in der nachfolgenden Zeit, offenbar seine verkalkten Gehirnwindungen nicht mehr resozialisieren.

Siehe auch Aktion  Das als Zwischenbemerkung.

Die "Berner Tagwacht" notierte weiter:

"Nach den Schlußreden der Beklagten, die unter anderem aufschlußreiche Einzelheiten über die Verfolgung von Bibelforschern im Dritten Reich geben - Herr Harbeck hat selbst die Gestapokeller kennengelernt -, was den Klägervertreter sichtlich nervös macht, resümiert Gerichtspräsident Lehmann die einzelnen Anklagepunkte und kommt zu der Feststellung, daß bei keinem einzelnen Zitat noch bei einem der 16 beanstandeten Bilder der Tatbestand der Artikel 94 und 14 erfüllt sei, somit auch keine Verurteilung erfolgen könne. Zitate und Bilder seien zwar scharfe, oft drastische Kritik am "sogenannten" Christentum - wohlgemerkt nicht am Christentum oder an politischen Persönlichkeiten als solchen - die sich aber in jedem einzelnen Fall direkt auf Bibelworte selbst bezieht und deshalb nicht strafrechtlich verfolgt werden könne, sonst müßte man die Bibel selbst als "Schundliteratur" verurteilen. Eine der schwerwiegendsten Behauptungen der Anklage, die Dreieinigkeit sei verhöhnt, ist nicht erfüllt und könnte auch nicht bestraft werden, weil von kirchlicher Seite selbst die Dreieinigkeit, die übrigens umstritten ist, als nicht wesentlich für das Christentum bezeichnet wird."

Auch diese Reminiszenz gab es in der erstinstanzlichen noch:

"Im Verlauf der Prozeßverhandlungen warf der Beklagtenverteidiger die Frage auf, warum wohl ausgerechnet in Bern die Klage gegen die Bibelforscher erhoben worden sei, und warum die Kläger, die sich als Beschützer der Kirche, der katholischen sowie der protestantischen aufspielen, nicht auch gegen die Hitlerjugend, das "Schwarze Korps", das Neuheidentum in Deutschland protestieren, die so scharf und direkt gegen die katholische und die protestantische Kirche ins Feld ziehen und zu direkten Aktionen gegen dieselben auffordern.

Eine treffende Ergänzung zu der Berechtigung dieser Frage gab der Gerichtspräsident mit dem Hinweis auf ein Buch eines Dr. Jam, Nationalsozialist, der in der Nationalen Verlagsgesellschaft m.b.H. Leipzig, also einer Hitlerbuchgemeinschaft, gestern das Buch "Die katholische Kirche als Gefahr für den Staat" veröffentlichte, der wir u.a. den Passus entnehmen: "Die Weltherrschaftsgelüste der katholischen Kirche stellen geradezu eine anmaßende Herausforderung ungeheuerlichster Art dar, wenn man sich das abgestandene, rückschrittliche, extrem intolerante, wissenschaftsfeindliche, Freiheit-, geist- und kulturtötende, auf Fälschungen von weltgeschichtlichen Ausmaßen, Lug und Trug aufgebaute System und die verruchte, fluchbeladene Vergangenheit der katholischen Kirche vergegenwärtigt, die das größte, schand- und schmachvollste, schmutz- und blutbefleckteste Sündenregister der Weltgeschichte aufweist. Gibt es doch kein Volk der Erde, keine Institution der Welt, die so tief im Menschenblute, das sie vergossen, und so tief im Schlamm vieler Laster und Verbrechen, die sie begangen, gewatet ist wie die katholische Kirche, so daß sittliche Verkommenheit und abstoßendes Verbrechertum ihr auf die Stirne geschrieben sind und ein unauslöschliches Charakteristikum der katholischen Kirche bilden", usw. usw.

Wenn die Herren Tödtli-Fleischhauer, die sich als Beschützer der Kirchen aufspielen, nicht gegen solche Schmähungen und Anklagen gegen die katholische Kirche auftreten, mit welchem Recht klagen sie die Bibelforscher an, die sich einzig und allein auf Bibelworte berufen?"

Dokumente der Schande

Weiteres zur Toedtli

1938er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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