Kriegserklärung

Der Jahrgang 1937 des "Wachtturm" begann gleich mit einer offensichtlichen Kriegserklärung. Sie kommt schon in einer Anpreisung des "Kalender 1937 der Zeugen Jehovas" zum Ausdruck:

"Der neue Kalender drückt sowohl im Text als auch im Bild Kriegsdienst aus. Der Jahrestext ist Obadja 1 entnommen: 'Machet euch auf, und lasset uns wider dasselbe aufstehen zum Kriege!'" (S. 2)

An wen und wie diese Kriegserklärung zu verstehen ist, wird auch in den nachfolgenden Ausführungen überdeutlich (S. 6):

"Unter allen Stolzen, Anmaßenden, Vermessenen und Ruchlosen der Erde ragt die römisch-katholische Hierarchie als der Leitbock der bösartigen Bockklasse hervor. Er ist frech und geht mit anderen hochfahrend um.

Diese verruchte Organisation macht nun energisch äußerste Anstrengungen, die Herrschaft über die Vereinigten Staaten und Britannien zu erlangen. Wie wahr ist doch die Weissagung des Herrn: 'Hoffart geht dem Sturze, und Hochmut dem Falle voraus'; und das wird in Harmagedon auch ihr Ende sein (Sprüche 16:18).

In früheren Zeiten müssen einige aufrichtige Menschen in der römisch-katholischen Hierarchie gewesen sein; heutzutage aber ist diese Institution gänzlich politisch geworden und bedient sich allerhand Betrügereien und Täuschungen zur Erlangung vollständiger Gewalt über das Volk. Dieses verruchte System erhebt jetzt nicht einmal den Anspruch, die Wahrheit des Wortes Gottes zu lehren und hat viele seiner früheren Lehren aufgegeben. Nach Macht steht jetzt ihr gieriges, ehrsüchtiges Verlangen und wie die Schrift erklärt, sind solche Leute aufgeblasen und wissen nichts von Jehovas Vorhaben (1. Tim. 6:4). Die römisch-katholische Hierarchie ist des Teufels Hauptwerkzeug auf der Erde; aber seine Organisation ist dem Untergang geweiht, und darin sind alle die eingeschlossen, die gegen Gott sind."

Es steht außer Frage, dass die Hiobsbotschaften, die um jene Zeit die WTG-Führung aus Deutschland, aber auch aus dem formal "unabhängigen" Danzig am laufenden Band erreichten, eine Bestätigung ihrer schlimmsten Alptraumvisionen darstellten. Es ist auch verständlich, dass sie in dieser Situation meinte, ihren Frust einmal artikulieren zu müssen. Ohne Zweifel ist jener Artikel im "Goldenen Zeitalter" vom 1. 2. 1937 ein diesbezügliches zeitgenössisches Dokument, indem man lesen konnte:

"Die standhafte, treuchristliche Gesinnung der Zeugen Jehovas hat das Tier mit dem Malzeichen (Offenbarung …), auf dem die alte Hure sitzt (Offenbarung 17:3), in wahrhaft satanische Wut versetzt; unglaublich dürften alltäglich sich in Deutschland ereignende Vorfälle nachfolgend geschilderter Art erscheinen; wenigstens jenen Menschen außerhalb der deutschen Staatsgrenzen, die ihren normalen Menschenverstand noch nicht eingebüßt haben und außerhalb der Reichweite romhöriger Nazibanditen stehen.

Kürzlich wurde ein Zeuge Jehovas aus seiner Arbeitsstelle entlassen, wie Tausende vor ihm, weil er sich weigerte, dem Raubtier zu huldigen, aus diesem Grunde die 'Betriebsappelle' mied und nicht mit 'Heil Hitler' grüßte. Das Arbeitsamt sperrte ihm 6 Wochen lang die Unterstützung (Offenbarung 13: 16, 17). Seine Frau steht kurz vor der Niederkunft. Er wird gezwungen, seine Wohnung zu räumen. … 'Heil Hitler!'

Neulich kamen Polizeibeamte, gesandt von der 'römischen Gestapo', um bei den Zeugen Jehovas, welche Kinder haben, festzustellen, wie ihre Personalien seien, dabei hatten sie Formulare mit, die folgenden Kopf hatten: 'Personalien der Eltern von gefährdeten Kindern.' Das satanische Tier betrachtet also die Kinder, welche streng christlich erzogen werden, als erzieherisch 'gefährdet', beabsichtigt also einen Kinderraub. Was schert sich das Raubtier um das Naturgesetz, dass ein Kind seiner Mutter gehört. Sowjetrussland ist (wenn wir die Nachrichten, die von dort hier gemeldet werden, glauben dürfen) von einem Konkurrenten überflügelt. … 'Heil Hitler!'

An den Türen und Eingängen aller Ämter steht es geschrieben: 'Der Deutsche grüßt mit Heil Hitler!' Dieses Kommando wird von dem abhängig gemachten Volk ja auch meistens ängstlich befolgt. Wer nicht den weltüberwindenden Glauben wahrer Christen hat, der kann diesem Tier nicht widerstehen. Wenn auch außerhalb der Amtsmauer dieser satanische Druck wieder abgeschüttelt wird und viele das Unwürdige ihres Tuns frei bekennen, wenn sie sich nicht bespitzelt glauben, so ist doch ein solcher Zustand eines Volkes derart unwürdig, dass nur Satan daran Gefallen finden kann. … Heil Hitler!'

Wie Höllenhunde benehmen sich viele öffentliche Beamte. Viele von ihnen muss man regelecht als Zuhälter dieses volksverräterischen Systems bezeichnen. Natürlich gibt es auch solche, die im stillen nicht von dieser satanischen Partei sind, doch müssen sie sich stark zurückhalten, da gerade der Beamtenapparat völlig mit Parteibonzen durchsetzt worden ist.

Lehrer z. B. äußern sich einige Tage vor den Wahlen, täglich sich steigernd, zu ihren Schulkindern wie folgt:

'Wer mit nein wählt (was ja an und für sich beinahe unmöglich ist, weil jeder Zettel für ja gilt, der gekreuzt oder ungekreuzt abgegeben wird, ein regelrechtes Nein muss handschriftlich vermerkt werden), ist ein Volksverräter, dem wird's übel ergehen, und wer es gar wagen sollte, von der Wahl fernzubleiben, der müsste ausgewiesen werden.' Einige Tage vorher werden dann systematisch einschüchternde Gerüchte verbreitet.

Dieses Femeystem ist wohl nur zu vergleichen mit dem jesuitischen Schachzügen der Inquisition. Dieses System hat einen Januskopf; ein Gesicht ist dem Ausland zugewandt und trägt die biedere Miene des deutschen Michel, der zwar ein wenig derb, aber ansonsten sehr gutmütig und hausbacken ist; dass andere Gesicht ist dem deutschen Volke zugewandt und ist meistens verhüllt. Zu gewissen Stunden wird die Hülle gelüpft, und das Volk sieht die scheußliche Fratze Neros.

Einem Bruder wurde gesagt, als er sich auf das Gesetz und den Willen Jehovas berief: 'Euer dämlicher Jehova, der regiert im Himmel, wir werden euch schon beibringen, unseren Gesetzen zu gehorchen.' Als ein anderer Bruder auf seinen Glauben und sein Gewissen Bezug nahm, wurde ihm gesagt: 'Ich glaube, dass 10-Pfund Rindfleisch eine gute Suppe ergeben.' Den Höhepunkt erlebte ein Bruder, welcher neben den üblichen Gotteslästerungen gesagt wurde: 'Wenn mir der Auftrag gegeben würde, und ich könnte nach meinem Begehr, dann würde ich sie eigenhändig derart mit der Knute bearbeiten, dass nicht eine Stelle von Ihrem Körperteil heil bliebe und das Fleisch in Fetzen herumhinge.'

Solche unglaublichen Vorfälle sind tägliches Ereignis in diesem 'gelobten Lande' von Rattis Planung (bürgerlicher Name des zeitgenössisch regierenden Papstes).

Solche 'obrigkeitlichen Gewalten', die zweifellos in keiner Weise 'Gottes Dienerinnen' sind, (da sie ja Gott lästern und verachten) haben jegliches Recht verwirkt, von Gott dem Allmächtigen zu reden, oder sich gar als seine Gesandten aufzuspielen und sich dem Volke als Christus anzubieten, um es zu heilen; sie sind vielmehr in völlig offenbarer Weise das 'Tier', dass abscheuliche und scheußliche Raubtier, dass in der Offenbarung als Endzeitregierung versinnbildet ist."

Wie wir durch die Studie von Friedrich Zipfel ("Kirchenkampf in Deutschland" S. 412-415) eindeutig wissen, wurde jener zitierte Artikel aus dem "Goldenen Zeitalter", in Kopie selbst von der Gestapo an ihre untergeordneten Dienststellen, zur Kenntnisnahme der mit den Zeugen Jehovas befassten Beamten, weitergeleitet. In dem Begleitschreiben zu dieser Artikelkopie führte die Gestapo ausdrücklich an:

"Der Auszug ist den unterstellten Beamten zur Kenntnis zu geben; daher ist ihnen erneut zur Pflicht zu machen, auf diese Staatsfeinde ein besonderes Augenmerk zu richten …"

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1937er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte