"Der Durchbruch"

Mag man dem eben zitierten Pressebericht noch ein gewisses Maß an Sachlichkeit zubilligen, so wird man das im nachfolgenden Bericht sicherlich etwas anders sehen müssen. Aber auch er ist, auf seine Art, ein bezeichnendes Dokument für das Klima, dass im Naziregime vorherrschte. Die Nazigazette "Der Durchbruch" schrieb in ihrer Ausgabe vom 10. 4. 1935:

"Ich bin ein Zeuge Jehovas.

'Seine Majestät der Satan' verklagt einen Bibelforscher.

Ganz unbekannt ist es uns ja nicht, zu welchen Verstiegenheiten sich religiöser Fanatismus und das daraus folgende Sektierertum gelangen können. Dass hierbei ein Buch wie die Bibel eine unheilvolle Rolle spielt, die sich volkszersetzend auswirkt, wurde einmal wieder klar in einer Gerichtsverhandlung vor dem Berliner Sondergericht, wo sich jener Erforscher der Bibel zu verteidigen hatte, die nachgerade in Deutschland erschreckend angewachsen sind. Es entspann sich zwischen dem Vorsitzenden und dem Angeklagten nachstehend ergötzliches Gespräch.

Angeklagter: 'Auf diesen Augenblick habe ich mit Sehnsucht gewartet. Ich bin Jehovas Zeuge.' Der Vorsitzende fordert den Angeklagten auf, nur zur Sache zu reden. Dieser aber steigerte sich in immer größere Wut, wandte sich an die Zuhörer und schrie:

'Ihr müsst mich alle erhören, ob ihr wollt oder nicht. In meiner Zelle 116 auf dem Polizeipräsidium habe ich meinen Gott angerufen, und der hat mir erzählt …'

Vorsitzender unterbrechend: 'Zur Sache.'

Angeklagter: 'Sie glauben nicht an Gott, Herr Vorsitzender, sondern an den Teufel. Die Anklage hier ist falsch und von seiner Majestät dem Satan gestellt für die Leute, die nicht an Gott glauben.'

Vorsitzender (nochmals unterbrechend): 'Kommen Sie endlich zur Sache!'

Angeklagter (beleidigt): 'Wenn Sie dazwischen reden, haben die Herrschaften im Zuhörerraum nichts davon. Einer kann hier nur reden' (Heiterkeit).

'Wenn ich hier als Zeuge Jehovas nicht rede, können Sie sicher sein, würden die Steine anfangen zu schreien und das Holz hier im Saale würde zu reden beginnen.'

Schließlich kam man doch 'zur Sache' und dabei musste der Angeklagte zugeben, Bücher an seine 'getauften und interessierten Geschwister' verteilt zu haben. Die betreffenden Bücher aber stammten aus der Tschechoslowakei und dienten dem Angeklagten, sowie den weiteren Angeklagten als Propagandamaterial. Nachdem oben berichteten Dialog handelt es sich um keinen irrsinnig gewordenen Weißenbergianer, sondern um einen der sattsam bekannten Bibelforscher, deren Treiben dem deutschen Volke schon genug schadete.

Bekanntlich wurden im Jahre 1933 die Internationale Bibelforschervereinigung in Deutschland verboten, dar in ihren Reihen zahlreiche kommunistische Elemente eingeschlichen hatten, die die geistig so wie so etwas verwirrten Mitglieder dieser Gesellschaft für ihre volksgefährlichen Pläne einspannten.

Die Menschen, die sich von der internationalen Leitung der Bibelforscher als Werkzeuge der jüdischen Hetzpolitik gegen das nationalsozialistische Deutschland verwenden ließen, arbeiteten im geheimen namentlich durch Verbreitung von aus dem Ausland eingeschmuggeltem Greuelmaterial und Hetzschriften für ihre Auftraggeber weiter. Bezeichnend ist, dass die internationalen Drahtzieher für diese Zwecke geistig verwirrte verwandten, während sie selbst im Ausland in Sicherheit sind.

Das deutsche Volk kann bei seinem Kampf um seine Zukunft aber nicht danach fragen, ob der Nation aus Dummheit oder aus Bosheit geschadet wurde. Es erwartet, dass der Staat eisern zugreift."

Grundlage des vorstehenden Berichtes ist offenbar ein solcher der in dem Blatt "Berliner Börsen-Zeitung" bereits am 13. 2. 1935 abgedruckt war. Gemäß dem Bericht jenes Blattes wurde da gegen insgesamt vier Zeugen Jehovas verhandelt. Über dreien von ihnen wussten die berichtenden Journalisten nichts sonderliches mitzuteilen, als dass die Angeklagten nach dem Verbot noch WTG-Schriften verbreitet hätten. Nicht ihr Glaube als solche, sondern eben die Weiterverbreitung von WTG-Schriften, brachte sie dann vor den Kadi.

Der vierte Angeklagte, der laut "Berliner Börsen-Zeitung" als Kasimir S. genannt wurde, zog es offenbar vor, in diesem Verfahren dann den "Pausenclown" zu spielen.

Beachtlich in diesem Verfahren auch noch die Detailangabe:

"Als Zeuge wurde ein früheres Mitglied der Leitung der Bibelforschervereinigung vernommen, der sich in Dresden in einer ähnlichen Sache in Untersuchungshaft befindet. Er bekundet, daß er nach dem Verbot große Mengen von Büchern aus Prag durch die deutsche Grenze eingeschmuggelt und bei den Angeklagten in Verwahrung gegeben habe."

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1935er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte