Zwei Drittel neu hinzugekommen

Das kritische Jahr 1925 war vorüber. Es hatte als Aufputscheffekt nochmals neue Höchstzahlen beschert. Die Bibelforscherorganisation bestand weiter. Es zeigte sich, dass die Enttäuschung über die nicht erfüllten Erwartungen insbesondere in der älteren Generation zu lokalisieren war. Die Jungen ließen sich noch weiter motivieren. Die Weltverhältnisse waren nicht so, als das sie nicht trostbedürftig wären. Mag dieser Trost auch Opiumcharakter gehabt haben. Wenn es 1925 "noch" nichts wurde, dann sicher "bald", "demnächst" war die vorherrschende Meinung. Die Wachtturmgesellschaft hatte damit den Freibrief erhalten, zum Weitermachen. Die paar aus der älteren Generation die da nicht mehr mitzumachen bereit waren, konnte sie durchaus verkraften.

Schon in der ersten "Wachtturm"-Ausgabe des Jahres 1926 wird die zahlenmäßige Gewichtung dieser Sachlage thematisiert. Man konnte dort lesen (S. 6):

"Einige dachten, dass das Werk der Kirche 1918 beendet würde. Die Tatsachen zeigen, dass seitdem ein größeres Zeugnis für die Botschaft des Herrn gegeben worden ist als vor 1918. In dem Jahre 1925 haben, wie die Berichte zeigen, reichlich 25 000 Personen mehr an dem Gedächtnismahl teilgenommen als in irgend einem vorhergehenden Jahre. Bei der Hauptversammlung der Gesellschaft in Columbus, Amerika im Jahre 1924, wurde als Antwort auf eine Frage von der vollen Hälfte dieser Menge erklärt, dass sie seit 1918 zu einer Kenntnis der Wahrheit gekommen war. Auf der Hauptversammlung in Magdeburg im Jahre 1925 wurde eine gleiche Frage einer Zuhörerschaft von über 12 000 vorgelegt und volle zwei Drittel von ihnen erklärten, dass sie seit 1922 zu einer Kenntnis der Wahrheit gekommen waren. Es wurde besonders bemerkt, dass unter ihnen eine große Zahl junger Männer und Frauen waren. Viele derer, welche dazu gebraucht wurden, die Wahrheit vor 1918 zu verkündigen, haben sich abgewandt, oder haben in ihren Bemühungen nachgelassen."

Man könnte die damaligen Endzeitthesen vielleicht als "heilige Einfalt" abtun. Man sollte aber auch beachten, dass damit sehr wohl auch praktische Verhaltensregeln verbunden waren. So widmete sich das "Goldene Zeitalter" (Schweizer Ausgabe 1926 S. 142) in der Form einer Fragenbeantwortung dem Aspekt, ob Christen beispielsweise sich eigene Häuser bauen sollten. Man räumt zwar ein, dass es Situationen geben könne, wo das unumgänglich sei; jedoch die Grundtendenz der Antwort wies in eine ganz andere Richtung. In ihr hieß es:

"Die Nachfolger Christi sind 'Fremdlinge' auf Erden und werden als solche sicherlich nicht auf fremden Grunde bauen. Wenn wir damit auch in erster Linie sagen möchten, dass die Jünger des Herrn nicht wandeln 'nach der Weise dieser Welt', sondern in geduldigem Ausharren Gottes gerechten Willen zum Herzen machen und zwar unter allen Umständen und unter allen Verhältnissen, so glauben wir doch in unserer Zeit den … erwähnten Gedanken auch auf das Bauen von menschlichen Wohnstätten ausdehnen zu dürfen. Ein jeder, der wiedergeboren ist zu einer lebendigen Hoffnung, zu einem unvergänglichen, im Himmel aufbehaltenen Erbe, ist sich heute bewusst, dass die Tage seiner Fremdlingsschaft gezählt sind, dass gar nahe herbeigekommen ist das Reich und die Zeit der Belohnung für die Treuen. - Sein Eifer, seine Liebe, sein Interesse gilt daher vornehmlich der Verkündigung des Reiches der Himmel. Es bleibt ihm weder Zeit noch Lust zum Häuser bauen."

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1926er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschicht