Leipziger Völkerschlachtdenkmal

Bekanntlich hatte es Russell die große Pyramide zu Gizeh angetan, die er denn auch prompt in seine Theologie mit einbaute und glaubte verkünden zu können, er könne sein 1914-Datum auch aus den Pyramidenmaßen entnehmen.

Offenbar dachten einige deutsche Bibelforscher, so ungefähr ab 1916, dass Leipziger Völkerschlachtdenkmal in gleicher Weise symbolträchtig vermarkten zu können. Eine Vorlage dazu hatte ihn ja Russell selbst mit seiner Pyramidentheorie geliefert. Und so berichtete der deutsche "Wachtturm" im Jahre 1919 (S. 195) über eine Bibelforscherveranstaltung: "Am Sonnabendvormittag, dem 2. Tage, versammelten sich ein großer Teil der lieben Geschwister zu einer Betrachtung des Völkerschlacht-Denkmals als der in Jesaja 19, 19 erwähnten Denksäule Jehovas. Orgelspiel, Geigenspiel und Sologesang, vor allem aber die wunderbaren Erläuterungen der Symbolik dieser Denksäule, sowohl vor als auch in derselben durch Bruder A. Decker erfreuten alle Herzen. Der Erbauer des Denkmals, Geheimrat Thieme, war mit seinen beratenden Architekten selbst zugegen um freundlichst die Führung zu übernehmen und seinerseits Erläuterungen zu geben. Auch diese Herren der Erbauer besitzen die 6 Bände (der Russellschen 'Schriftstudien'), lauschten interessiert unseren Erklärungen."

Im Jahre 1922 führte Rutherford eine Europareise durch. Am 29. Mai machte er unter anderem in München Station, um dort in einer großangekündigten Veranstaltung im Gebäude des Zirkus Krone für Aufsehen zu sorgen. Der Nazifunktionär Alfred Rosenberg hatte jene Münchner Veranstaltung auch besucht und anschließend daran, publizistisch darüber berichtete.

Zu Pfingsten 1922 machte Rutherford dann in Leipzig Station, woselbst die Bibelforscher ihre Generalversammlung abhielten. Hier sollten auch die deutschen Bibelforscher erstmals kennenlernen, was es mit dem Spruch "Schluss mit lustig" so auf sich hat. Offenbar war die Völkerschlachtdenkmaltheorie speziell von deutschen Bibelforschern entwickelt worden, nach dem Tode Russells, aber in Kontinuität mit dessen Pyramidentheorie. Rutherford stand nun vor der Frage, wie er sich dazu verhalten solle. Soll er als neuer "Papst" ihr seinen Segen geben oder soll er sie verwerfen? Er entschied sich für letzteres. Das ganze wurde in die Form einer Fragenbeantwortung eingekleidet. Der "Wachtturm" (1922 S. 191) notiert dazu:

"Am Montagvormittag fand eine Fragenbeantwortungsversammlung statt, die von Bruder Rutherford geleitet wurde um eine große Zahl von Fragen zu beantworten, die vorher in schriftlicher Form dem Vorsitzenden überreicht waren … Unter den eingereichten Fragen war eine ganz besonderer Art, die sich mit dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal befasste, dass zur Erinnerung an die vor etwas über hundert Jahren in der Umgegend Leipzigs ausgefochtene mehrtägige Schlacht errichtet war und im Jahre 1913 unter entsprechenden Feierlichkeiten eingeweiht wurde. Die mit Bezug auf dies Denkmal gestellte Frage war kurzgefasst diese:

Wird in Jesaja 19, 19 und in Offenbarung 22, 1. 2 auf dieses Denkmal hingewiesen?

Kurz gefasst, war die Antwort auf die betreffs dieses Denkmals gestellte Frage diese: Die Schriftstelle Jesaja 19, 19 bezieht sich nicht auf dies bei Leipzig errichtete Denkmal, noch auch wird in irgendeinem anderen Teile der Schrift auf dies Denkmal verwiesen. Das Leipziger Denkmal verdankt seine Entstehung einzig und allein dem brennenden Ehrgeiz eines Mannes, der hierbei unter dem Einfluss des großen Widersachers stand. Es würde kein Grund vorliegen, warum Jehova am Ende des Evangelium-Zeitalters ein Denkmal auf der Erde errichten lassen sollte. Es gibt hingegen einen guten Grund, warum Jehova lange Zeit vor dem Beginn der christlichen Zeitperiode in Ägypten ein Denkmal errichten ließ: Die Große Pyramide; und wenn die Zeit kommen würde, wo die Geheimnisse dieses Denkmals den Erforschern der göttlichen Prophezeiungen enthüllt werden sollten, dass es sich dann herausstellen würde, dass durch diese dem Jehova im Lande Ägypten errichtete Denksäule oder Altar (Jesaja 19, 19) die prophetischen Aussprüche und der göttliche Plan zur Errettung und Erlösung des Menschen ihre Bestätigung finden würde. Die Große Pyramide liefert somit weitere Beweise zur Stärkung und Vertiefung des Glaubens des Christen. Am Ende des Evangelium-Zeitalters aber würde kein Anlass oder kein Bedürfnis hierfür vorliegen, und es wäre seitens des Menschen eine Anmaßung, ein Denkmal zu errichten und zu erklären, dass der Herr dies als ein Zeugnis für seine Sache getan habe.

Außer diesem Punkt bringt es jeder Teil des bei Leipzig errichteten Riesendenkmals zum Ausdruck, dass seine Urheberschaft auf den Teufel hinweist und das es ein Werk des Widersachers ist. Die Architektur des Denkmals, sowohl innerlich wie äußerlich, bringt einen durchaus ägyptischen Geist zum Ausdruck, der, wie die Bibelforscher sehr wohl wissen, satanischen Ursprungs ist. Satan hat einen jeden Teil des göttlichen Planes nachgeäfft, und mit den in das Denkmal eingemeißelten Gestalten und kleinen Statuen hat er es ganz besonders darauf abgesehen, eine Nachäffung der vier Charaktereigenschaften, der Weisheit, Gerechtigkeit, Liebe und Macht zum Ausdruck zu bringen.

Statt, dass dies Denkmal unter göttlicher Leitung errichtet wurde, um einen Teil des göttlichen Planes vorzuschatten, ist es offenbar ein Denkzeichen der Torheit des Menschen, angestiftet und ins Werk gesetzt durch den Teufel und seine Verbündeten und Helfershelfer, die Dämonen. Der Kaiser hatte gehofft, einmal sagen zu können: 'Dort stand Napoleon, der versucht hatte, die Welt zu erobern, dessen Plan aber völlig misslang - und hier steht der Deutsche Kaiser, der es unternahm, die Welt zu erobern und dessen Plan ein großer Erfolg war, und deshalb sollte die ganze Welt sich vor mich beugen.' Christen sollten sich durch solche Trügereien, wie sie vom Widersacher ins Feld gerückt werden, nicht von dem rechten Weg abbringen lassen. Wir haben das sichere Wort der Prophezeiung, wie es von Jesu und den Aposteln und Propheten uns deutlich vorgehalten wird, als unseren Lenker und Führer, und wir tun wohl daran, auf sie zu hören und ihnen zu folgen."

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