Annotationen zu den Zeugen Jehovas

"Darauf folgt Harmagedon"

Eine bemerkenswerte frühe Flugschrift der Bibelforscher ist auch die "Der Bibelforscher" 6. Jg. Nr. 5 betitelte. Sie wurde in Deutschland etwa im Jahre 1915 verbreitet. Ihre besondere Brisanz liegt in ihrer tagespolitischen Komponente. Wie man weiß war es noch nicht allzu lang her, dass der Erste Weltkrieg ausgebrochen war. Und ein "Ende" jenes schrecklichen Ereignisses lag noch in weiter Ferne. In dieser Konstellation verkündeten also die Bibelforscher, mittels dieser Flugschrift in aller Öffentlichkeit:

"Bedrängnis der Nationen vor dem Ausbruch von Harmagedon.

Der gegenwärtige Krieg geht ohne entscheidenden Sieg der Beteiligten zu Ende,

und darauf folgt das Harmagedon,

sagt Pastor Russell." Weiter wird in dieser Flugschrift unter Bezugnahme auf die Innenpolitik in den USA ausgeführt:

"Unser allverehrter Präsident hat in löblicher und anerkennenswerter Weise alle Christen dazu aufgefordert, diesen Tag zu einem Bet-Tage um die Wiederherstellung des europäischen Friedens zu machen. Auch ich bin zu einer gleichen Rede aufgefordert worden. In dieser Sache kann ich jedoch nicht mit unserem verehrten Präsidenten übereinstimmen ... Kann ich doch unmöglich den Allmächtigen darum ersuchen, seine eigenen Pläne zugunsten unseres Präsidenten umzuändern. Seit fünfundzwanzighundert Jahren hat Gott uns durch die Propheten der Bibel über diesen schrecklichen Krieg und das noch schlimmere, ihm folgende Harmagedon unterrichten lassen; könnten wir da wohl erwarten, daß er um unsretwillen das Programm ändern würde?

Die Gebete der Millionen, die um das Gedeihen der Deutschen und die Vertilgung der Alliierten, und die Gebete anderer Millionen, die um den Sieg der Alliierten und das Verderben der Deutschen ersuchen, und das Gebet des Papstes und unseres Präsidenten und anderer Edler, die um ein Aufhören des Krieges bitten, werden, wenn ich meine Bibel recht verstehe, unerhört bleiben. Der Krieg wird voranschreiten, wird aber keine Nation zu einem glorreichen Siege bringen, sondern wird eine schreckliche Verstümmlung und Verarmung aller Beteiligten bringen. Darauf wird ein Harmagedon der Anarchie folgen.

Seit vierzig Jahren habe ich diesen großen Krieg und sein glorreiches Ende in gedruckten und gesprochenen Vorträgen und in meinen in zwanzig Sprachen veröffentlichten Büchern über Bibelstudium angekündigt. Nun, da das erwartete Jahr angebrochen und die Prophezeiung in Erfüllung gegangen ist, könnte ich da wohl den Allmächtigen bitten, sein Programm zu ändern? Sicherlich nicht.

Der Krieg und die nachfolgende Anarchie von Harmagedon wird die Notwendigkeit göttlichen Eingreifens in die menschlichen Verhältnisse deutlich beweisen. Und wenn der Krieg vorüber ist, werden die trauernden, Hunger leidenden Völker über ihre Herrscher erbost sein. Dann wird das Volk eine Art von Sozialismus einführen. Aber die Regierungen werden ihn zu verhindern suchen und darin auch einen teilweisen Erfolg haben. Darauf wird dann die schreckliche Explosion folgen, das Harmagedon der Bibel. Das wird erst die eigentliche Zeit der Drangsal sein, auf die unmittelbar das Reich des Messias folgen und den langverheißenen Frieden auf Erden bringen wird."

Was sollten wir von dem Jahre 1915 hinsichtlich der großen Umwälzung erwarten? Es scheint uns möglich, daß der gesamte Umschwung, den wir erwarten, innerhalb eines Jahres stattfinden kann. Aber vielleicht werden die Dinge sich doch nicht so rasch entwickeln. Wir müssen abwarten und sehen."

"Bald werden sie verschwunden sein"

Entnommen aus: "Der Lutheraner", St. Louis, Mo., USA Nr. 7/1915

"Ende September 1914 schickten mehrere große Zeitungen der Stadt New York ihre Berichterstatter zu Russell, um ihn in bezug auf seine Prophezeiungen zur Rede zu stellen, darunter auch 'The Brooklyn Daily Eagle', die Zeitung, die vor einigen Jahren Russell beschuldigt hatte, sogenannten 'Wunderweizen' zu dem betrügerischen Preise von einem Dollar das Pfund verkauft oder mit verkauft zu haben, und zu deren Gunsten eine von Russell

gegen sie angestrebte gerichtliche Klage entschieden wurde. Über ein stattgehabtes Interview berichtete der Eagle am 1. Oktober 1914 unter anderem, wie folgt:

'Der 'Pastor' sprach mit gesalbter Sanftmut. Wie ein Strom floß die Rede. Nur unter Schwierigkeiten gelang es, ihn zu unterbrechen und diese Fragen zu stellen: 'Aber ihre Bücher und Schriften scheinen doch zu zeigen, daß entweder diesen Oktober oder nächsten Oktober die Welt untergehen soll. Das ist es doch, was Sie glauben?' 'Ah', sagte der 'Pastor' mit einem verständnisinnigen Lächeln, 'Sie reden von etwas ganz anderm, als was ich Lehre und glaube. Meine Auslegung bezog sich auf das Ende des Zeitalters. Das Ende des Zeitalters, das ich vorhergesagt habe, ist schon gekommen. Nach unserer Berechnung kam es zu Ende - lassen Sie mich sehen - es kam zu Ende am 21. September. Natürlich, wir behaupten nicht, daß dies ganz genau richtig ist, aber wir glauben, daß die Welt sich jetzt in einem neuen Zeitalter befindet ... Das alte Zeitalter, das nach unserer Rechnung 2520 Jahre dauerte, gab Gott den Nationen, um die Welt vorwärtszubringen. Aber ihre Zeit ist vorbei. In diesem neuen Zeitalter, das jetzt gewißlich gekommen ist, werden die Nationen vertilgt werden. Ich weiß nicht, wie früh oder wie spät die Zeit ist, aber Anarchie wird hereinbrechen und die Welt beherrschen.'

Der 'Pastor' gab noch die Erklärung ab, daß das Ende, von dem er sprach, sich beziehe auf die Heiden, und daß ein neues Volk in kurzer Zeit ihre Stelle einnehmen werde. 'Ihre Zeit ist abgelaufen', sagte der 'Pastor'. 'Die Zeit, die ihnen beschieden war, haben sie gehabt. Und obschon sie noch hier sind, ist doch das Ende ihres Zeitalters gekommen, und bald werden sie verschwunden sein.'

Ein Vertreter der New York Sun fragte Russell: 'Warum sagen Sie, daß die Welt im Jahre 1914 zu Ende kommen wird?' 'In Wirklichkeit ist es 1915', sagte Herr Russell. 'Ich bediene mich der jüdischen Zeitrechnung, die das neue Jahr im Oktober beginnen läßt. Ich glaube, daß nach Oktober 1914 Anarchie in aller Welt herrschen wird, und daß alle Menschen, die bis dahin die Wahrheit nicht annehmen, schrecklich leiden werden. Meine Auslegung gründet sich auf den Propheten Daniel. Natürlich', fügte er dann schnell hinzu, das Ende mag vielleicht nicht im Jahre 1915 kommen. Es mag im Jahre 1916 sein oder sogar noch einige Jahre später.'"

1915er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

 

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